Boommarkt China - Chancen und Risiken für deutsche Bauunternehmer
Der globalen Bauindustrie steht in den kommenden 10 Jahren ein gewaltiges Wachstum bevor. Dieses wird vor allem durch den anhaltenden Bauboom in Schwellenländern wie Indien und China sowie den wieder erstarkten US-amerikanischen Markt begründet. China stellt dabei mit 50% aller weltweiten Bautätigkeiten den größten Baumarkt der Welt dar. Kein Wunder bei 1,4 Milliarden Menschen, von denen immer mehr in die Städte der Volksrepublik strömen. Doch nun steckt China in einer Wirtschaftskrise, das schwindelerregende Wachstum hat sich verlangsamt. Das verunsichert nicht zuletzt auch die deutschen Bauunternehmen, die in China bereits tätig sind oder auf den dortigen Markt drängen wollen.
Als Bauernstaat war China jahrzehntelang ein wirtschaftlich machtloser Riese der Weltgeschichte. Die Größe und Bevölkerungsstärke des Landes schienen weltpolitisch und -ökonomisch bedeutungslos. Erst als Deng Xiaoping Ende der 1970er Jahre das bis dahin streng abgeschottete Land öffnete und zunehmend marktwirtschaftliche Elemente zuließ, veränderte dies die Volksrepublik tiefgreifend. Die Entwicklung Chinas von einer stark landwirtschaftlich geprägten hin zu einer Industrie-, Technologie- und Dienstleistungs-gesellschaft war somit eingeleitet. Mit der steigenden Industrialisierung kamen immer mehr ausländische Investoren ins Land, die einerseits von den billigen Lohnkosten profitieren wollten und andererseits ihre Waren und Dienstleistungen auch auf dem erwachenden Markt anbieten wollten. Auch deutsche
Bauunternehmen, insbesondere die Größen der Branchen, sind Akteure wie Profiteure des chineischen Wachstums.
Chinas Städte explodieren seit den 1990er Jahren regelrecht. Die Stadt Shenzen in der Nähe von Hongkong z.B. zählte 1980 gerade einmal 30.000 Menschen, heute wird die Bevölkerungsstärke, je nachdem welche Randgebiete dazu gezählt werden, mit 7 bis 10 Millionen Einwohnern angegeben. Lebten 1980 noch 80% der chinesischen Bevölkerung auf dem Land, so sind es heute noch weniger als die Hälfte. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, dass bereits 2020 60% aller Chinesen in Städten bzw. städtischen Regionen leben sollen. Angesichts der vielfältigen Gefahren, die Millionenmetropolen sozial, ökologisch sowie infrastrukturell mit sich bringen, verwundert diese Politik, zeigt aber auch mit welchem Ehrgeiz China an seinem ökonomischen Aufstieg arbeitet.
Dass in China weiter in einem für europäische Verhältnisse unvorstellbaren Maße weitergebaut werden wird, daran besteht kein Zweifel. Doch wie lohnend ist ein Engagement deutscher Bauunternehmen in der Volksrepublik? Zunächst einmal ist es sehr aufwändig und zeitintensiv überhaupt auf dem chinesischen Markt Fuß zu fassen. Sprachprobleme (mit Englisch kommt man hier nicht weit), große Mentalitätsunterschiede und eine komplizierte Bürokratie gilt es zu überwinden. Das schafft in der Regel nur, wer langfristig und systematisch Kontakte und Netzwerke in China aufbaut. Wer schließlich einen Auftrag an Land ziehen kann, wird sich auch in der alltäglichen Umsetzung anstrengen müssen, um in der Zusammenarbeit mit Lieferanten, Mitarbeitern und Nachunternehmern erfolgreich zu bestehen.
Gerade deutsche Unternehmen punkten auf dem chinesischen Markt durch Technologievorsprung, Qualität und Zuverlässigkeit. Das Tempo, mit dem Projekte im Reich der Mitte umgesetzt werden, ist eine Chance für alle, die hier erprobte Verfahren und die zuverlässige Umsetzung derselben anbieten können. Doch wer mit seinem Know How Geschäfte in China macht, läuft früher oder später auch Gefahr kopiert und durch inländische Firmen ersetzt zu werden. Auch das Einhalten von Qualität vor Ort ist nicht einfach, weil entweder entsprechendes Fachpersonal fehlt oder Zulieferer Standards nicht einhalten. Große deutsche Bauunternehmen in China sind deshalb auch dazu übergegangen, eigene Ausbildungsprogramme nach deutschem Vorbild in ihren Betrieben zu installieren, um hauseigenes Fachpersonal zu entwickeln.
Bei allen Schwierigkeiten kommt deutschen Unternehmen auf dem chinesischen Baumarkt die Umorientierung in Richtung nachhaltigen Planens und Bauens entgegen. Dies ist in China mehr oder minder Neuland, in Deutschland seit Jahren DAS vorherrschende Thema am Bau. Hier können deutsche Firmen nicht nur ihre Technologien und Verfahren ins Feld führen, sondern auch bereits vorliegende Erfahrungen einbringen, die in China einfach noch nicht vorhanden sind.
Ein Engagement auf dem chinesischen Baumarkt ist also nichts, was ein Unternehmen nebenbei aufbauen kann. Lern-, Frustrations- und auch Risikobereitschaft gehören ebenso dazu, wie ein handfestes langfristig orientiertes Konzept, wie man sich Zugang zu den Entscheidern vor Ort erarbeiten will. Das heißt selbstverständlich auch, dass ohne eine nicht unbeachtliche Vorinvestition auf dem chinesischen Markt nichts geht. Ein etablierter inländischer Partner, mit dem man eng kooperiert oder gar in Form eines Joint-Ventures auftritt, ist unverzichtbar. Konkrete Hilfestellung für Interessierte bietet übrigens die Deutsche Außenhandelskammer (AHK).