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Endlich CO2-freier Zement - aus den USA

Sublime Systems stellt fast CO2-freien Zement her
Sublime Systems stellt fast CO2-freien Zement her

Das kleine Start-up-Unternehmen Sublime Systems, hat ein neues Verfahren der Zementherstellung entwickelt, das so viel CO2 einsparen kann, dass man fast von Null-Emission sprechen kann. Sublime Systems erhielt 2024 in Berlin den Green Award
 

Die Zementproduktion ist einer der größten Klimakiller. Ihr Anteil am weltweiten Gesamtausstoß beträgt rund 8% nach üblichen Schätzungen. Mehr als Luftfahrt und Schifffahrt zusammen. Als Bindemittel für Beton ist Zement aber praktisch unverzichtbar. Und gebaut wird jetzt ebenso wie in Zukunft. Wie lässt sich nachhaltiges Bauen mit diesem Baustoff realisieren?


Zwei CO2-Quellen bei der Zementherstellung
 

CO2 entsteht bei der Zementproduktion aus zwei Quellen. Zum einen durch die chemische Aufspaltung von Kalk (CaCO3) in Calciumoxid (CaO) und CO2. Diese chemische Reaktion ist für etwa 60-70% der gesamten CO2-Emissionen bei der Zementproduktion verantwortlich und galt bisher als unvermeidbar. Zum anderen passiert dieser Prozess durch das Erhitzen in einem Drehrohrofen bei etwas 1450 Grad. Die hohe Temperatur, die im Brennofen erzeugt werden muss, gelingt derzeit aber nur über die Verbrennung fossiler Brennstoffe (wie Kohle, Erdgas oder Öl). Die fossile Energieerzeugung ist die zweite CO2-Quelle. Sie ist für etwa 30 bis 40 Prozent der CO2-Emisionen bei der Zementproduktion verantwortlich. Der Energiehunger solcher Öfen kann derzeit noch kaum mit regenerativen Energien gestillt werden.


Sublime Systems vermeidet beide CO2-Quellen
 

Sublime Systems geht völlig andere Wege. Denn es gelang, Zement ohne den energiezehrenden Brennvorgang herzustellen. Möglich wird das durch ein Wechsel auf andere Rohstoffe. Sublime Systems hat eine eigene Zementrezeptur ohne kalksteinbasierte Rohstoffe entwickelt.

Elektrolyse statt Brennofen für CO2 freien Zement

Stattdessen setzt man auf Kalziumsilikatgestein und teils sogar auf recycelten Betonabfall. Um reaktives Kalzium und Silikate für den Zement zu erzeugen, bedient sich Sublime Systems der Elektrolyse. Die ist bekannt aus der Herstellung von Wasserstoff, bei der durch Strom Wasser aufgespalten wird in Wasserstoff und Sauerstoff. Analog dazu wird hier das sich in einer wässrigen Lösung befindliche Kalziumsilikat durch Strom chemisch verändert – und zwar bei Raumtemperatur. Bei dieser chemischen Reaktion entstand anfangs rund 70 % weniger CO2 als im Brennofen. Schon sehr gut. Mittlerweile konnte das Team den Prozess aber weiter optimieren. „Wir gehen davon aus, dass wir die CO2-Enstehung durch Optimierung auf fast Null drücken können“, erklärt Professor Yet-Ming Chiang, einer der Firmengründer, im Interview. Der konventionelle fossile Prozess wird also durch einen elektrochemischen ersetzt und wird dadurch quasi zum „Elektroauto der Zementherstellung“. Die alternativen Rohstoffe erzeugen bei der Elektrolyse kaum CO2. Der Herstellungsprozess nutzt ausreichend vorhandene Rohstoffe.

 

Elektrolyse mit grünem Strom möglich


Dadurch, dass man den Prozess bei Raumtemperatur fahren kann, lässt sich die Produktion mit grünem Strom betreiben. So kommt die neuartige Zementproduktion fast ohne CO2-Emission ans Ziel. Ein kaum zu überschätzender Vorteil gegenüber konventionellem Zement, der beispielsweise durch CO2-Abscheidung beim Brennen klimafreundlicher werden will. Das aufgefangene CO2 wird dann in Gestein, meist aber in tiefem Meeressediment verpresst – das ist aufwendig, selber nicht ökologisch und nach wie vor umstritten. Ganz zu schweigen vom Transport.

 

Wie belastbar ist der CO2-freie Beton?

 

Bleibt die Gretchenfrage, was der Beton aus dem neuen Zement taugt? Vor allem hinsichtlich statischer Belastbarkeit. Meist können alternative Öko-Betonsorten in diesem Punkt nicht ganz mithalten.

Doch Tests ergaben, dass das Endprodukt in Festigkeit und Aushärtung dem üblichem Portlandzement entspricht und vorgegebene Industriestandards nicht nur erfüllt, sondern sie sogar leicht übertrifft. Bei aller Euphorie müssen dennoch Erfahrungen mit dem Langzeitverhalten des Sublime-Zements abgewartet werden, zum Beispiel in Pilotprojekten.

 

Skalierbare Produktion – vom Laborstadium zur Zementfabrik

 

Dem Laborstadium mit der Produktionsmenge von einer Handvoll Zement ist Sublime Systems längst entwachsen. Ein erstes größeres Projekt war die Lieferung von einigen Tonnen Zement für Bostons größtes Netto-Null Kohlenstoff Büro, das One Boston Wharf Road. Eine Feuertaufe für die Praxistauglichkeit. Sie wurde bestanden.
Dr. Leah Ellis, CEO und Mitgründerin von Sublime Systems sagt: „In der Zementindustrie ist Größe alles.“ Das neue Herstellungsverfahren muss also skalierbar sein. Aktuell errichtet Sublime Systems in Holyoke, Massachusetts/USA, eine kommerzielle Produktionsanlage mit einer Jahreskapazität von 30.000 Tonnen.

Sie soll bereits 2026 in Betrieb gehen. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts plant Sublime, diese Anlage zu vergrößern zu einer voll funktionsfähige Produktionsanlage, die bis zu eine Million Tonnen Zement pro Jahr produzieren kann. Das wäre in etwa die Menge, die übliche Zementwerke herstellen.

 

Große Zementhersteller sichern sich Anteile am Öko-Zement

 

Dieser Schritt ist allerdings auch mit hohen Kosten verbunden. Ein großes Zementwerk hinzustellen, kostet etwa eine Milliarde Euro. Aber auch diese Hürde scheint nicht überwindbar. Denn mittlerweile haben sich zwei der größten Zementhersteller, Holcim und CRH, zusammengetan und leisten eine Anschubfinazierung mit einem hohen zweistelligen Dollarbetrag in Millionenhöhe. Damit kaufen sie sich nicht nur Anteile am produzierten Zement, sondern gehen auch eine Partnerschaft ein, um weitere Anlagen zu entwickeln und die Technologie von Sublime Systems zu skalieren und zu kommerzialisieren.

Speziell Holcim hat sich die „Beschleunigung des grünen Wachstums“ auf die Fahnen geschrieben. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Netto-Null zu erreichen“ liest man auf deren Website. Dabei werden nach eigenen Aussage hunderte von Start up-Firmen weltweit (nicht ohne Eigennutz) unterstützt.

Fazit: Der Zement von Sublime Systems könnte ein Game Changer in Sachen Klimaschutz werden. Wie nötig CO2-sparende Produktion ist, verdeutlicht eine Schätzung, nach der es bis 2030 etwa 3 Milliarden Menschen an angemessenem Wohnraum mangelt. Auf Bau und Wohnungsbau kann also nicht verzichtet werden. Der CO2-Ausstoß darf aber nicht zunehmen, sondern sollte sich sogar trotz erhöhter Bautätigkeit sogar deutlich verringern. CO2-freier Zement wäre eine Lösung, damit wir weiter bauen können. hjk


Fotos: Sublime Systems

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19.12.2024
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