Nachhaltiges Bauen - grüner Stahl
In der Themenreihe „Nachhaltiges Bauen“ wird die Umweltverträglichkeit von Bauen und Wohnen untersucht. Der Bedarf an Wohnraum wächst aufgrund steigender Weltbevölkerung. Allerdings ist die Bauwirtschaft gleichfalls maßgeblich an umweltschädlichen CO2-Emissionen beteiligt. Für die Erzeugung des Stahls werden pro Tonne Rohstahl etwa 1,7 Tonnen CO2 freigesetzt. Verursacht für die Hitze im Hochofen aber vor allem auch durch chemische Prozesse im Ofen, welche für die Herstellung des Stahls notwendig sind. Auch Beton ist nicht klimaneutral. Das Bindemittel Zement, ohne den er nicht hergestellt werden kann, hat eine sehr schlechte Ökobilanz. Etwa 8 Prozent der CO2-Emission 2018 ging auf das Konto der Zementherstellung. Pro Tonne werden 590 kg des klimaschädlichen Gases emittiert. In der Branche wird nach Lösungen gesucht, um steigenden Wohnbedarf und Klimaneutralität in Einklang zu bringen. In Schweden wurde nun Stahl ohne klimaschädliche Emissionen produziert. Daher ist das heutige Thema, klimaneutral erzeugter Stahl.
Fossilfreier Stahl – erstmals Stahl ohne CO2-Emission hergestellt
Den Ausstoß des Treibhausgases CO2 zu begrenzen ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Ohne CO2 in der Atmosphäre würde unser Planet bei etwa minus 18 Grad einfrieren. Zu viel Kohlendioxid könnte aus der Erde einen Hitzeplaneten wie die Venus mit 400 Grad machen. Entscheidend ist daher das richtige Level an der Konzentration von Treibhausgasen in der Luft. Stahl ist unabdingbar. Für die Industrie, für den Verkehr, für die Infrastruktur, für die Bauwirtschaft und auch für den Haushalt. Es gibt wenig Lebensbereiche ohne ihn. Er ist Fundament der Gesellschaft. Daher hat sich der schwedische Konzern SSAB der Problematik angenommen, ihn bis 2026 klimaneutral zu gewinnen. Hauptursache sind Emissionen aus den Hochöfen. Zum einen geht es um eine klimafreundliche Wärmeerzeugung des Hochofens und natürlich auch um kreative neue Verfahren der Sauerstoffreduktion des Eisenerzes bei der Stahlerzeugung. Hier sind Ideen für die klimaneutrale Produktion des Stahls gefragt.
Qualität und Nachhaltigkeit
Ziel ist, Stahl gleicher Qualitätsklassen wie bisher zu produzieren. Die gesamte Produktionskette klimaneutral zu gestalten, fängt bei der Schürfung des Eisenerzes an. Emissionsfreie Bergbautechnik inklusive der Maschinen sind hier gefragt. Elektrifizierte Tiefbaumaschinen sind aktuell auf dem Vormarsch und wecken bei Unternehmen starkes Interesse. Auch aufgrund der Wirtschaftlichkeit, sofern eine Betriebsstundenzahl von 5000 jährlich überschritten wird. Die notwendige Hitze im Hochofen zur Sauerstoffreduktion soll mit hybrider Wasserstofftechnik vonstattengehen. Der letzte Schritt ist der Prozess der Sauerststoffreduktion. Hier bildet sich im Ofen bislang CO2. Für die Reduktion zu Stahl wird in dem neuartigen Verfahren kein flüssiges Eisenerz gewonnen, sondern Eisenschwamm. Eisenschwamm ist ein festes Material, in der Form Briketts ähnelnd. Das Eisenoxid muss also vom Sauerstoff getrennt werden. Koks liefert die Energie durch Verbrennung mit Sauerstoff, es entsteht Kohlenstoffdioxid. Dem entstandenen Kohlendioxid wird weiterer Kohlenstoff zugeführt und wird zu Kohlenstoffmonoxid. Der Unterschied zwischen Kohlenstoffmonoxid und dem Kohlenstoffdioxid ist der unterschiedliche Sauerstoffgehalt der Verbindungen. Das Kohlenstoffatom hat beim Dioxid zwei Sauerstoffatome, das Monoxid eins. Beide Stoffe sind gasförmig. Nun wird das Kohlenstoffmonoxid dem Eisenoxid zugeführt und kann als Gas das Eisenoxid überall gut erreichen und reagiert mit ihm. Chemisch gesehen wird dem Eisenoxid (FeO) das Sauerstoffatom entzogen und dem Kohlenmonoxid zugeführt. Es entsteht wiederum Kohlenstoffdioxid, welches sich am Boden des Hochofens ansammelt. Dieser Prozess ist mit Wasserstoff auch möglich. In diesem Fall reagiert das Wasserstoffatom H mit dem Sauerstoffatom des Eisenschwamms. Jetzt entsteht Wasser. Damit wäre die gesamte Wertschöpfungskette des Stahls emissionsfrei. Theoretisch. Bis 2046 strebt das schwedische Unternehmen klimaneutralen, fossilfreien Stahl an.
Ausblick auf andere Hersteller
Auch andere Hersteller setzen auf Nachhaltigkeit. Beispielsweise thyssenkrupp und auch die Salzgitter AG. Im Zentrum der Überlegungen ist immer Wasserstoff. Dieser kann zur notwendigen Hitzeerzeugung verwendet werden, aber auch als Reduktionsmittel des Eisenoxids (FeO) zu Stahl (Fe). Für die Klimaneutralität muss also zunächst der Wasserstoff umweltschonend hergestellt werden. Um aus Wasser das Wasserstoffatom zu lösen, ist Energie nötig. Schließlich muss der Strom für die Elektrolyse ebenfalls generiert werden. Aktuell wird er in Verfahren bei thyssenkrupp mit Gasturbinen erzeugt. Das mindert den Ausstoß des Treibhausgases bereits um 20 Prozent. Aber auch die bestehenden Hochöfen müssen entsprechend umgerüstet werden, damit anstelle des Kohlenmonoxid Wasserstoff als Reduktionsmittel zugeführt werden kann.
Wasserstoff als Lösung – die Verfügbarkeit als Problem
Die theoretisch-chemische Gleichung Stahl mithilfe des Wasserstoffs umweltfreundlich herzustellen, verlangt aber eine klimaneutrale Bilanz der Wasserstoffproduktion. Selbst kommt er in der Natur selten vor und ist kaum verfügbar. Verschiedene Verfahren ermöglichen, Wasserstoff herzustellen. Aus Wasser, H2O, kann der Wasserstoffanteil durch Elektrolyse vom Sauerstoff getrennt werden. Sofern der hierfür notwendige Strom klimaneutral erzeugt wurde. Dieser Wasserstoff wird grüner Wasserstoff genannt.
Blauer Wasserstoff entsteht aus der Reduktion von Kohlewasserstoffverbindungen. Öl und Gas sind nichts anderes. Gasförmige Kohlenwasserstoffe haben weniger Kohlenstoffatome und im Verhältnis mehr Wasserstoffatome. Hat das Molekül fünf Wasserstoffatome, beispielsweise Pentan (C5H12), ist es unter Normalbedingungen flüssig. Als Faustregel gilt, je mehr Kohlenstoff im Molekül, umso fester der Stoff. Nun wird der Wasserstoff durch Trennung vom Kohlenstoff erreicht. Allerdings bleibt dann Kohlenstoff übrig, der mit Sauerstoff reagiert und wiederum Kohlendioxid erzeugt. Es gibt Verfahren, dieses Kohlendioxids zu speichern. Klimaneutral ist es aber nicht. Eine weitere Herausforderung ist der Herstellungspreis. Aktuell ist blauer Wasserstoff hier im Vorteil. Angestrebt und prognostiziert wird, dass grüner Wasserstoff bis 2030 ebenso marktfähig ist.
Die Klimawende hängt entscheidend von der Verfügbarkeit und der Herstellung des Wasserstoffs ab. Entsprechende Produktionsanlagen müssen verfügbar sein. Am Weltmarkt kann es für Unternehmen ungünstig sein, gelten unterschiedliche Spielregeln hinsichtlich der Klimaneutralität, da die Stahlerzeugung mit Wasserstoff deutlich teurer ist. Notwendig sind flankierende Maßnahmen seitens des Staates und der internationalen Gemeinschaft. International geltende Regeln schaffen auch wettbewerbstechnisch eine Einheit. Das sollte im Interesse aller möglich sein. Schließlich bleibt kein Land vor den Folgen des Klimawandels verschont.
Bildquelle: Salzgitter AG