Hoffnung auf Wiedereinführung der Meisterpflicht
Die Existenz zulassungsfreier Gewerke könnte bald wieder der Vergangenheit angehören
Als Ende 2003 das Handwerksrecht novelliert wurde, war dies der größte Einschnitt in eine Ordnung, die seit der Nachkriegszeit das Handwerkswesen regelte. Und was sich bis dahin eigentlich auch vielfach bewährt hatte, nämlich eine Meitsterpflicht für nahzu alle Handwerksberufe, wurde mit dieser Reform liberalisiert. Durch die Abschaffung strenger Auflagen, die an das Führen eines Handwerksbetriebes gebunden waren, erhoffte man sich sowohl eine Belebung des Marktes mit einem Wachstum an Arbeitsplätzen als auch eine marktgesteuerte Qualitätssteigerung. Doch heute sehen Verbraucher wie Branchenkenner in der Abschaffung der Meisterpflicht die hauptsächliche Ursache für schwindende Qualität, für Preisdumping sowie für Nachwuchssorgen. Daher begrüßt die Branche weitgehend die aktuellen politischen Signale, die auf eine Wiedereinführung der Meisterpflicht hindeuten.
Der Bundes-Parteitag der CDU im November 2016 wurde angesichts der vielen brisanten Themen in der deutschen und internationalen Politik mit beonderem Interesse verfolgt. Für die Baubranche ging von diesem Parteitag nochmal ein besonderes Signal aus, da sich die Bundes-CDU mit eindeutiger Mehrheit dafür ausgesprochen hat, die Reform von 2003, bei der stolze 53 Berufsgruppen von der Meisterpflicht befreit wurden, wieder rückgängig zu machen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll nach den Wünschen der CDU in der kommenden Legistlaturperiode eingebracht werden. Diesem Wunsch schließen sich auch viele Sprecher von Verbänden des Baugewerbes an, wie beispielsweise Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zenralverbandes des Deutschen Baugewerbes oder auch Christoph Silber-Bonz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Rollladen + Sonnenschutz (BVRS).
Warum die Reform der Reform?
Als 2003 die sogenannte Handwerksnovelle in Kraft trat, stützte man sich zu ihrer Begründung u.a. auf rückläufige Entwicklungen bei der Anzahl der Handwerksunterehmen, der durchschnittlichen Beschäftigungsquote in der Branche sowie der abgelegten Meisterprüfungen. Vor dem Hintergrund der im europäischen Vergleich niedrigen Quote an selbständigen Betrieben in Deutschland wurde die Meisterpflicht als ein wesentlicher Hemmschuh für den schwächelnden Markt ausgemacht. Nach der Logik der damaligen Regierung sollten auch Handwerker ohne Meisterbrief animiert werden, eigene Betriebe zu gründen und sich mit ihrem Unternehmen auf dem Markt zu behaupten. Man ging davon aus, dass auf diese Weise mehr Menschen im Handwerk beschäftigt werden könnten und der Markt darüber hinaus dafür sorgen würde, dass sich die Spreu vom Weizen trennt und die allgemeine Quaität so auch ohne Meistertitel erhalten bleibt.
In der Realität ließ sich in den folgenden Jahren jedoch feststellen, dass sich insbesondere letztere Hoffnung nicht bewahrheitete. Viele der neuen, nicht von Meistern geführten Betriebe verschlechterten das Image der Branche. Zudem machten sie den hochqualifizierten Firmen Konkurrenz und drückten somit die Preise auf dem Markt. Insbesondere Ein-Mann-Betriebe, die vielen Pflichten größerer sozialabagabenpflichtiger Firmen nicht unterlagen, machten es angestammten Handwerkern schwer konkurrenzfähig zu bleiben. Vor allem aber sank die Zahl der Ausbildungen im Handwerk so signifikant, dass die damals schon einsetztenden Nachwuchssorgen sich weiter verschlimmerten.
Meisterbrief für bessere Qualität und mehr Nachwuchs
Durch die Wiedereinführung der Meisterbriefs hofft die Branche den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Der Meisterbrief war und ist ein wesentlicher Bestandteil der Qualitätssicherung im deutschen Handwerk. Wird er wieder flächendeckend eingeführt, wird dies zu besser ausgebildeten Mitarbeitern und einem hohen handwerklichen Standard führen. Das Lohnniveau kann dadurch steigen, was handwerkliche Berufe wiederum für junge Menschen attraktiver macht. Somit wäre der Meisterbrief auch ein Weg, um wieder für mehr Nachwuchs zu sorgen.
Natürlich darf die Wiedereinführung der Meisterpflicht nicht als singuläre Maßnahme stehen bleiben, um das Handwerk heute wie zukünftig zu stärken. Die Anreize, sich auch letztlich für einen handwerklichen Beruf zu entscheiden, müssen erhöht werden und auch die Schulen müssen ihren Beitrag leisten, um geeignete Auszubildende stellen zu können. Die Wiedereinführung der Meisterpflicht ist kein Allheilmittel für die Probleme des Bauhandwerks, ist aber ein wichtiges Element, um Qualität wieder fest zu verankern und systematisch für gut ausgebildeten Nachwuchs zu sorgen.