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Pfusch am Wohnbau

...ist ein Thema, zu dem leider jeder was zu sagen weiß und das negativ auf der gesamten Baubranche lastet. Und auch die Fakten zum Thema hören sich dramatisch an: Wie der 'Zweite DEKRA-BERICHT zu Baumängeln an Wohngebäuden' konstatiert, weist ein Neubau durchschnittlich 32 Mängel auf, deren Beseitigung durchschnittlich mit bis zu 31.000 € zu Buche schlagen kann (Stand 2008). Noch erschreckender ist die Tatsache, dass sich die Anzahl der Baumängel innerhalb kurzer Zeit drastisch erhöht hat, von 2003 bis 2007 z.B. um 103%!

 

Der Ärger der Bauherren ist von daher verständlich und es verwundert nicht, dass diese ihrem Ärger immer öfter im Internet und anderweitig medienwirksam Luft machen. Auch im Fernsehen wird das Thema auf oft reißerische Art ausgeschlachtet. Nahezu jeden Abend finden sich Dokusoaps zu Pfusch am Bau im Fernsehprogramm. So entsteht der Generalverdacht gegen die gesamte Branche, dass diese schlecht ausgebildet ist, schlampig arbeitet, ja sogar betrügerisch handelt.

Das Image des Baugewerbes ist also schwer angeschlagen. Stellt sich die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass es offensichtlich wirklich immer mehr Pfusch am Bau gibt und wichtiger noch: Wie sich dieser Trend umkehren lässt.

 

DEN Grund für Pfusch gibt es nicht. Auch wenn sich laut DEKRA-Studie Baumängel schwerpunktmäßig im Bereich des bautechnischen Ausbaus finden, genügt es nicht, allein in diesem Feld nach singulären Ursachen zu suchen. Auch der allseits zitierte Zeit- und Kostendruck ist nicht der alleinige Faktor dafür, dass so viel Pfusch passiert.

Allgemein ausgedrückt nimmt der Pfusch am Bau zu, weil bauen heute komplexer geworden ist. Gerade im hoch individualisierten Wohnungsbau hat sich vieles für die ausführenden Baufirmen geändert. Nachfolgend seien einige dieser Änderungen genannt:

 

Viel Pfusch – viele Gründe

 

Im Bereich des Wohnungsbaus gibt es mittlerweile einen hohen Individualisierungsgrad. Mit fest eingespielten Arbeitsabläufen und Standardleistungen kommen die ausführenden Bauhandwerker nicht weit. Sonderwünsche und Flexibilität sind gefragter denn je, was jedoch auch bedeutet, dass die Zahl potentieller Fehlerquellen gestiegen ist.

 

Viele Firmen agieren heute nur noch als Subunternehmer eines größeren Bauträgers. Dieser erteilt dem Subunternehmer einen Auftrag für einen Teil des kompletten Bauvorhabens, oft zu finanziell schlechten Bedingungen und mit hohem Zeitdruck. Um die Koordinierung der verschiedenen Subunternehmen kümmert sich der Träger oft wenig und dem Subunternehmer selbst fehlt im Rahmen seines eng kalkulierten Auftrags die Zeit und die Gelegenheit zur Absprache mit anderen Gewerken. Ebenso wie es häufig an Koordinierung und Planung mangelt, mangelt es auch an abschließenden Kontrollen, die eine rechtzeitige Schadenserkennung und -behebung ermöglichen würden.

 

Im Zuge von Flexibilisierung der Arbeitsmärkte, Globalisierung und gestiegener Mobilität schwindet auch die Bindung von Arbeitnehmern an ein Unternehmen. Am Bau heißt das, dass sich immer wieder neue Teams finden müssen und dass im Laufe dieses Findungsprozesses Reibungsverluste entstehen, die wiederum in Baumängeln resultieren.

 

Hinzu kommt, dass die Ausbildung des Nachwuchses aus vielerlei Gründen aufwendiger (Link Artikel Nachwuchsmangel am Bau) geworden ist. Dies beansprucht Zeit, die eigentlich bei der Bauausführung gebraucht würde. Verschärft wird die Personalproblematik auch dadurch, dass dringend benötigte Fachkräfte derzeit Mangelware sind und somit Aufgaben mitunter von Handwerkern erledigt werden, deren Qualifikation unzureichend ist.

 

Dabei ist ein hohes Ausbildungsniveau und spezialisiertes Fachwissen heute wichtiger denn je. Das hat unter anderem damit zu tun, dass es große Innovationsschübe im Bereich der Baustoffe gab. Die neuen Materialien erfordern auch neues Wissen rund um ihre Beschaffenheit, Einsatzmöglichkeiten und Handhabung. Doch wo dieses Wissen nicht vorhanden ist, bringen die neuen Baustoffe anstatt erhoffter Erleichterungen und Verbesserungen eher Baumängel hervor.

 

Keine einfachen Lösungen

 

Die Vielzahl an Gründen ist sicherlich eine Ursache dafür, warum auch bemühte Bauhandwerker immer wieder in die Pfusch-Falle treten. Alle Bälle – Terminabsprachen, Sonderanforderungen, Personalplanung, Fortbildung, um nur einige zu nennen – gleichzeitig in der Luft zu halten, ist nun einmal schwer; und die Bauherren wollen von solcherlei Problemen angesichts der eigenen Erwartungen und der getätigten Investition auch nicht wirklich etwas hören.

 

Baupfusch lässt sich also nicht einfach abstellen, aber durch Planung, offene Kommunikation und Kontrolle lässt er sich zumindest minimieren. Wie bereits erwähnt beruhen viele Fehler auf mangelnder Koordinierung. Daher muss die eigene Bauleistung gründlich vorgeplant werden, Schnittstellen mit anderen Gewerken erkannt und mit diesen abgesprochen werden. Abgeschlossene Bauarbeiten müssen im eigenen Interesse kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden.

 

Und sollte es doch zu Fehlern gekommen sein, so bringt der kulante und transparente Umgang mit dem Bauherren oft mehr als eine verbitterte Auseinandersetzung, gegebenenfalls sogar vor Gericht. Sollten die Fronten zwischen Bauherr und dem vermeintlichen Verursacher eines Baumangels verhärtet sein, empfiehlt sich auch die Einschaltung eines Mediators, bevor eine der beiden Parteien juristische Schritte einleitet.

 

Baupfusch scheint auch ein Zeichen der Zeit, in der wir leben, zu sein. Hinnehmbar ist er deshalb noch lange nicht! Alle Mitglieder der Baubranche sollten sich Maßnahmen zur systematischen Bekämpfung überlegen, um das Vertrauen der Bauherren wieder zurück zu gewinnen und um das eigene Unternehmen vor den oft exorbitanten finanziellen Folgen eines Justizstreits zu schützen.

 

Bildquelle 'Verpfuschte Balkontür': © januar design - Fotolia.com
Bildquelle 'Pfusch/Qualität': © Sascha Bergmann - Fotolia.com
 

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