Bauen im Wandel: Wie 3D-Druck und serielle Bauweise den Markt verändern
Experten diskutieren beim Sommercamp „Innovation“ von Thomas Hein und Cash.
Wohnungsnot, explodierende Baukosten, schleppende Sanierungen – die deutsche Bauwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Doch während vielerorts Baustellen stillstehen, entstehen andernorts Konzepte für die Baustelle der Zukunft. Beim Sommercamp „Innovation“ im Rahmen der Business Tour 2025 von Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung bei der ING Deutschland, diskutierten Branchenexperten in den Hamburger Räumen der Cash. Media Group über zwei Technologien mit Potenzial zum Gamechanger: 3D-Druck und serielle Bauweise.
Mit auf dem Podium: Mario Münch (ING Deutschland), Prof. Dr. Kay Smarsly und Dr. Alexander Chmelnizkij (Technische Universität Hamburg), Matthias Drews (Capitalium) und Olaf Peters (Finanzberatung). Moderiert wurde der Austausch von Thomas Hein.
Schneller bauen, günstiger bauen – und trotzdem Qualität liefern
Seit Jahren verfehlt Deutschland seine Neubauziele, aktuell fehlen laut Schätzungen jährlich rund 120.000 Wohnungen. Gleichzeitig liegt die Sanierungsquote mit 0,7 Prozent weit unter dem Notwendigen. Technologien wie 3D-Druck oder serielle Bauweise könnten hier Abhilfe schaffen.
„Ein klarer Vorteil ist die Geschwindigkeit“, so Hein. Häuser ließen sich damit deutlich schneller errichten – was nicht nur Zeit, sondern auch Geld spare. In einem Markt, in dem steigende Baukosten und Fachkräftemangel den Druck erhöhen, könnte das den entscheidenden Unterschied machen.
3D-Druck in der Praxis – Potenzial und Hürden
Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher: Das erste 3D-gedruckte Haus hierzulande entstand erst Jahre nach ähnlichen Projekten in den USA oder China. Dennoch: Die Entwicklung nimmt Fahrt auf.
Laut Prof. Dr. Kay Smarsly ist die Technik schon heute in der Lage, tragfähige Wände zu drucken – wenn auch überwiegend senkrechte Strukturen. Fenster- und Deckenkonstruktionen, komplexe Formen oder wetterfeste Druckprozesse sind noch Herausforderungen.
Die Vision: Mobile Roboter, die Baustellen selbstständig abfahren und Gebäude direkt vor Ort drucken – ohne auf große stationäre Anlagen angewiesen zu sein. „Entscheidend ist, Schritt für Schritt praktische Erfahrung zu sammeln“, so Smarsly.
Mehr als nur Beton: Sensorik, digitale Zwillinge und nachhaltige Materialien
Der 3D-Druck eröffnet Möglichkeiten, die weit über die reine Bauweise hinausgehen. So können während des Druckprozesses Sensoren in die Bauteile integriert werden, die Feuchtigkeit, Temperatur oder Vibrationen messen und diese Daten in digitale Zwillinge des Gebäudes einspeisen. Eigentümer könnten so den Zustand ihres Hauses jederzeit per Smartphone überwachen – und Schäden frühzeitig erkennen.
Auch alternative Materialien spielen eine Rolle. So präsentierte die TU Hamburg beim Sommercamp ein Lehm-Exponat aus dem 3D-Drucker. Was zunächst an Kindersandkasten erinnert, ist in Wirklichkeit ein ernstzunehmender Baustoff, der nachhaltig, kostengünstig und ökologisch interessant sein kann.
Folgen für die Baufinanzierung
Die neuen Bauweisen bringen auch für die Immobilienfinanzierung frischen Gesprächsstoff. Für Banken zählt vor allem die Restnutzungsdauer: „Wenn nachgewiesen ist, dass das Haus eine ausreichende Lebensdauer hat, finanzieren wir das“, betonte Hein.
Allerdings müssen Bewertungsmaßstäbe angepasst werden – vom Einsatz neuer Heizsysteme bis zur Frage, wie sich innovative Bauweisen langfristig auf den Marktwert auswirken. Förderprogramme könnten den Markteintritt beschleunigen, sind aus Sicht einiger Experten aber nicht zwingend nötig, wenn das Produkt selbst durch Zeit- und Kostenvorteile überzeugt.
Vermittler und Banken: Wissen muss mitwachsen
Noch spielt 3D-Druck bei den meisten Baufinanzierungsvermittlern keine große Rolle. Doch die Expertenrunde war sich einig: Wer am Puls der Zeit bleiben will, muss Basiswissen zu Chancen und Risiken aufbauen – ähnlich wie bei Photovoltaik oder energetischer Sanierung.
Gefragt sind praxisnahe, kontinuierliche Lernangebote, die unabhängig von Herstellerinteressen informieren. „Es braucht niederschwellige Formate wie Micro-Learning oder kurze Wissens-Updates – nicht nur Hochglanzpräsentationen“, so die Runde.
Ausblick: Autonome Baustellen und serielle Sanierungen
In den nächsten fünf Jahren könnten autonome Bauroboter, digitale Zwillinge und serielle Sanierungen Standard in bestimmten Segmenten werden. Viele Experten erwarten zudem einen stärkeren Fokus auf nachhaltige Energiekonzepte, modulare Wohnformen und datenbasierte Echtzeitbewertungen.
Ob die Technologien wirklich den „Bauturbo“ zünden, hängt nicht zuletzt von der Politik ab: von Genehmigungsprozessen, regulatorischen Rahmenbedingungen und langfristiger Förderplanung. Klar ist jedoch: Die Baustelle von morgen wird digitaler, vernetzter – und schneller sein als je zuvor.
Das vollständige Gespräch mit allen Details der Expertenrunde „Innovationen am Bau“ finden Sie bei Cash.: Zum Interview
Bild: Thirdman, pexels.com
Redaktion
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