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Wohnungsnot bleibt ungelöst: Warum der neue „Bau-Turbo“ stottert

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Mit großem Elan kündigte Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) nach ihrem Amtsantritt einen „Wohnungsbau-Turbo“ an: schnellere Genehmigungen, weniger Bürokratie, mehr Wohnraum. Verfahren, die bislang fünf Jahre dauerten, sollten binnen zwei Monaten erledigt sein. Städte und Gemeinden sollten mit der „Brechstange“ durch Regelungsdickichte stoßen können. Doch der Plan, der bereits unter der Ampel-Regierung kontrovers diskutiert wurde, steckt erneut fest – diesmal aufgrund interner Uneinigkeiten in der neuen Regierungskoalition.


Insbesondere das SPD-geführte Umweltministerium bremst das Vorhaben mit Verweis auf offene Fragen zum Lärmschutz und zum Umfang möglicher Lockerungen. Hubertz bleibt dennoch optimistisch: Der Turbo solle noch vor der Sommerpause starten – ein enger Zeitrahmen, da bis Mitte Juli nur zwei Sitzungswochen bleiben.


Streitpunkt Paragraf 246e: Kommunen fordern Mitsprache


Zentraler Hebel des geplanten Turbos ist der neue §?246e im Baugesetzbuch. Er erlaubt Ausnahmen vom Planungsrecht, etwa bei Umnutzungen von Gewerbeflächen oder Entsiegelung für neue Grünflächen. Städte wie der Deutsche Städtetag begrüßen das Vorhaben, pochen jedoch auf kommunale Mitsprache. Der Paragraf könne nur wirksam sein, wenn Städte und Bauherren sich zuvor auf Rahmenbedingungen einigen – etwa zur Quote geförderten Wohnraums. Die kommunale Zustimmung bleibt für die Akzeptanz essenziell.


Auch die Bauwirtschaft drängt auf zügige Entscheidungen. Iris Schöberl vom Zentralen Immobilienausschuss (ZIA) kritisiert die Verzögerung scharf: „Ich bitte die Regierung, nicht zu lange rumzuquatschen, sondern in die Gänge zu kommen.“


Großer Wohn-Bedarf trifft auf schwächlichen Neubau


Deutschland hinkt beim Wohnungsbau deutlich hinterher. Im Jahr 2024 wurden nur rund 250.000 Wohnungen fertiggestellt – 40.000 weniger als im Vorjahr. Das politische Ziel von 400.000 neuen Einheiten pro Jahr bleibt außer Reichweite. Manche Verbände sprechen sogar von einem tatsächlichen Bedarf von bis zu 700.000 Wohnungen jährlich. Die Gründe für die Flaute sind vielfältig: hohe Kreditzinsen, steigende Baukosten, Fachkräftemangel.


Die Ministerin will dennoch an ihrer Strategie festhalten – unter den Schlagworten Tempo, Technologie und Toleranz. Sie setzt auf serielles Bauen, 3D-Druck, Holzbau auch im Hochhaussegment und fordert mehr Akzeptanz für Neubauten im eigenen Umfeld. Ihre Vision: schneller, günstiger, nachhaltiger. Denn: „Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit.“


Kritik aus allen Richtungen – und vereinzelter Zuspruch


Die politische Debatte spiegelt die Spannungen wider:

 

  • Union (CDU/CSU) begrüßt den Turbo und fordert zügige Umsetzung. Wohnraum sei entscheidend für gesellschaftlichen Zusammenhalt, betont Jan-Marco Luczak.
  • Die Grünen verlangen klimafreundliche Lösungen. Kassem Taher Saleh plädiert für die Umnutzung leerstehender Büroflächen und Aufstockungen – ein Potenzial von 4,3 Millionen Wohnungen.
  • Die Linke fordert einen Mietendeckel, mehr Sozialwohnungen und ein Sonderprogramm für gemeinnütziges Bauen. „Wohnungen gehören nicht an die Börse“, so Caren Lay.
  • AfD macht Zuwanderung und Klimaschutz-Vorgaben für die Baukrise verantwortlich. Laut Marc Bernhard habe sich der Wohnungsbau halbiert, während die Baukosten explodiert seien.

 

Fazit: Der Bauturbo braucht mehr als Willen


Die Vision vom Bau-Turbo zeigt: Es mangelt nicht an Ideen – sondern an Einigkeit, Durchsetzungskraft und realistischem Zeitmanagement. Trotz breiter Zustimmung zur Zielrichtung bleibt die Umsetzung zäh. Denn zwischen politischen Schlagworten und konkretem Wohnraum liegen oftmals Jahre – nicht Monate. Ob der Turbo vor der Sommerpause zündet, bleibt offen. Doch der Druck steigt. Nicht nur auf dem Wohnungsmarkt, sondern auch auf die politische Glaubwürdigkeit.

 

Bild: George Becker, pexels.com

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