Stornierungen im Wohnungsbau auf hohem Niveau
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Bereits seit 1991 ermittelt das Münchner ifo Institut monatlich die Erwartungen der Wirtschaft in den Verlauf ihrer künftigen Geschäfte. Für das Baugewerbe fiel der Index im September für diese Erwartungen mit minus 53,2 % auf den niedrigsten Wert seit Beginn dieser Erhebungen. Der Index war gegenüber dem Vormonat somit nochmals um weitere 5,8 Prozentpunkte gefallen. Hauptgrund für die düsteren Zukunfstaussichten in der Bauwirtschaft dürfte die hohe Anzahl an Stornierungen im Wohnungsbau sein. Diese steigen nun schon seit Monaten und betrafen im Monat September etwa jedes zehnte der befragten Unternehmen.
Die Gründe für die hohe Zahl an Stornierungen sind so vielfältig wie offensichtlich: gestiegene Baukosten, teurere Kredite, Planungsschwierigkeiten aufgrund von Materialengpässen und weniger Fördergelder schaffen gerade für private Bauherren ein extrem unsicheres Umfeld. Zu dem kommt noch eine allgemeine Preissteigerung sowie die allgemein schwierige Wirtschaftslage, die Ängste über die eigene materielle Zukunft schüren.
Die miesen Erwartungen der Bauwirtschaft spiegeln sich auch in der rapide einbrechenden Nachfrage nach Baukrediten wider. Sparkassenpräsident Helmut Schleweis bestätigte dies in einem Bericht im "Handelsblatt". Sei im ersten Halbjahr 2022 die Nachfrage nach Immobilienkrediten noch hoch gewesen, so sei sie nun dramatisch zurückgegangen. Diese Tatsache deutet somit darauf hin, dass die im ifo-Index zutage tretenden Befürchtungen berechtigt sind.
Ebenfalls ins Bild passt da die Meldung, dass die Genehmigungen für Wohnungsneubau im vergangenen August massiv zurückgegangen sind. Laut Statistischem Bundesamt wurden im August 2022 nur 28.180 Neubauwohnungen genehmigt, 9,8 % weniger als im August des Vorjahres. Alle diese rückläufigen Entwicklungen deuten darauf hin, dass das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel, jährlich mindestens 400.000 neue Wohnungen entstehen zu lassen, nicht erreicht werden kann. Zwar bemüht man sich mit einem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum darum, durch ein Paket an 190 Maßnahmen den Belastungen rund um den für die Wohnungsbau entgegenzusteuern, aber ob dies angesichts der zahlreichen Probleme gelingen kann, scheint mehr als fraglich. Bundeskanzler Scholz hält jedoch demonstrativ am 400.000-Wohnungen-Ziel fest.
Im Moment sind die Baubetriebe noch bestens beschäftigt, was immer noch als eine Folge der jahrelangen Niedrigzinspolitik gewertet werden kann. Aber die Zeichen stehen eindeutig auf einen bevorstehenden Einbruch im Baugeschäft.