Wer künftig Gerüste aufstellen darf - neue Regelung ab Juli 2024
Am 1. Juli 2024 tritt Artikel 2 des Fünften Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung in Kraft. Bauhandwerker, die nicht als Gerüstbauer in die Handwerksrolle eingetragen sind, dürfen Bau- und Schutzgerüste nur noch für ihre eigenen Arbeiten aufstellen, aber nicht mehr als Dienstleistung für Dritte. Das soll in erster Linie eingetragenen Gerüstbaufirmen vorbehalten bleiben.
Nach Jahrzehnten des Wartens hat sich für die Gerüstbauer die Anerkennung und Gleichstellung als Vollhandwerk nun auch gesetzlich erfüllt. Denn der Gerüstbau hat sich im Laufe der Zeit verändert, er ist teils anspruchsvoller geworden. Die Anforderungen an Einrüstungen und Arbeitssicherheit stiegen. Komplexe Konstruktionen, wie Hänge- oder Industriegerüste, erfordern Spezialkenntnisse und Erfahrung bei Statikberechnungen wie in der Ausführung.
Vor der Gesetzesänderung war es durchaus üblich, „dass auch eigentlich fachfremde Firmen den Gerüstbau als Gewerbezweig zusätzlich betrieben“, so Sabrina Luther, Geschäftsführerin der Bundesinnung Gerüstbau. Nach ihrer Aussage soll aufgrund der Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit und den mit mangelhaften Gerüsten einhergehenden Unfallgefahren, komplexer Gerüstbau den Spezialisten vorbehalten werden. Und so frohlockte das Fachmagazin „Das Bauhandwerk“ auch: „Denn nur erfahrene Gerüstbauer dürfen fortan Gebäude einrüsten und damit die sichere Basis für folgende Gewerke schaffen.“ Das aber trifft so nicht ganz zu.
Gerüstbau für den „Eigenbedarf“ weiterhin erlaubt
Baufirmen oder auch Gebäudereiniger dürfen Bau- und Schutzgerüste allerdings weiterhin errichten, sofern das zur Ausübung ihres Gewerbes nötig ist. Geregelt ist dies für 22 Gewerke wie beispielsweise Maurer, Dachdecker, Stuckateure, Glaser oder auch Gebäudereiniger. Eine komplette Auflistung bietet u.a. eine Webseite des Bundesministerium für Justiz. In der Praxis hat sich also für das übliche Business kaum etwas geändert.
Und noch eine Ausnahme gibt es: Handwerker dürfen die von ihnen für eigene Arbeiten aufgestellten Gerüste anderen Firmen zur Nachnutzung überlassen. Womit ein gewisses „Zusatzgeschäft“ weiterhin bestehen bleibt. Darüber hatten sich der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) schon im Vorfeld verständigt. Das zeigt schon, dass man bemüht war, den Firmen nicht allzu große Steine in den Weg zu legen. Denn Baufirmen, die keine ausgewiesenen Gerüstbauer sind, können dennoch viel Erfahrung und Expertise im Gerüstbau erworben haben. Daher erlaubt das neue Gesetz solchen Firmen sogar weiterhin einen Gerüstbau für Dritte, wenn Auflagen eingehalten werden.
Gerüstbau auch für Dritte als Ausnahme möglich
Damit Baufirmen den Geschäftszweig „Baugerüste für Dritte errichten“ nicht vollständig an den Nagel hängen müssen, gibt es zwei Ausnahmen mit Auflagen. So kann ab 1. Juli 2024 diese Dienstleitung nach Erteilung einer Ausübungsberechtigung gem. §§ 7a, 8 HwO weiterhin angeboten werden.
Konkret: Wer keine deutsche Meisterprüfung und auch keine gleichgestellte Prüfung für das auszuübende zulassungspflichtige Handwerk (also Baugerüste errichten) erfolgreich abgelegt hat, hat die Möglichkeit, einen Antrag auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung oder Ausnahmebewilligung zu stellen.
Zum Beispiel in Bayern. Hier beschreiben die Paragrafen 7a und 7b der Handwerksordnung die Voraussetzungen, die man erfüllen muss, um eine Ausübungsberechtigung zu erhalten. Im Wesentlichen sind das fachtheoretische Kenntnisse und hinreichend nachweisbare Berufserfahrung im Metier. Daneben haben Firmen die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung nach Paragraf 8 der Handwerksordnung. Auch hier sind ähnliche Nachweise beizubringen. Die konkreten (bayerischen) Bestimmungen kann man auf dieser >> Webseite nachlesen. Abweichungen davon sind je nach Bundesland möglich. Es sind jedenfalls keine unüberwindbaren Hürden. Nach erfolgreicher Prüfung durch die Handwerkskammer erhalten Antragssteller einen Berechtigungs- bzw. Ausnahmebewilligungsbescheid. Die Bescheide können befristet sein oder auch einschränkend. Erst nach Erhalt der Bescheide ist der Eintrag in die Handwerksrolle (für Gerüstbau) möglich. Danach steht dem Anbieten der Dienstleistung Gerüstbau steht nichts mehr im Wege.
Ein Gesetz als Symbolpolitik?
Eine Meldung auf der Webseite des Bayerischen Baugewerbes forderte für diese Genehmigungsverfahren: „Meisterbetrieben, die auf Gerüstbau eingerichtet sind und die Gerüste ausschließlich für Dritte (ohne eigene Arbeiten) aufstellen wollen, sollen die Ausübungsberechtigungen grundsätzlich in einem schnellen und wohlwollenden Verfahren erteilt werden.“ Im Hinblick auf die Kompetenz von Baugerüste errichtenden Firmen bleibt zu hoffen, dass die Prüfungen der Handwerkskammern nicht nur Formsache sind. Andernfalls wäre das neue Gesetz nur Kosmetik, sprich Symbolpolitik.
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