Bayern will Baurecht zur Bekämpfung des Wohnraummangels reformieren
Bayern steht vor einer großen Herausforderung im Wohnungsbau: Fast 200.000 Wohnungen fehlen, was den Ruf nach einfacheren Baubedingungen laut werden lässt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat angekündigt, rund 30 Baurechtsvorgaben abzuschaffen oder zu lockern, um die Bautätigkeit anzukurbeln.
Söders Plan, „unnötige Vorgaben“ zu streichen, wird von vielen in der Bauindustrie begrüßt. Thomas Schmid vom Bayerischen Bauindustrieverband sieht darin eine Chance für schnellere und einfachere Baugenehmigungen, von denen alle profitieren würden. Auch die Architektenkammer unterstützt prinzipiell diesen Ansatz, da im Bauwesen derzeit etwa 3.800 Richtlinien und Normen beachtet werden müssen, was die Prozesse verkompliziert.
Rainer Post von der Architektenkammer betont jedoch, dass Bauen komplex ist und einfache Lösungen nicht ausreichen. Eine Expertengruppe arbeitet daran, sinnvolle Regelungen zu identifizieren, die abgeschafft werden könnten. Ein großes Problem sieht Post in den zahlreichen Vorgaben aus Brüssel, die auch auf Bundes- und Länderebene umgesetzt werden müssen.
Die Ingenieurskammer warnt davor, Vorschriften nur um des Streichens willen abzuschaffen. Andreas Ebert von der Bayerischen Ingenieurskammer Bau sieht Söders Ankündigung, für jede neue Vorschrift zwei zu streichen, als populistisch und wenig zielführend. Brandschutz, Schallschutz und andere bauliche Anforderungen müssen weiterhin gewährleistet sein.
Eine konkrete Maßnahme aus Söders Regierungserklärung ist der genehmigungsfreie Ausbau von Dachgeschossen. Dies soll das Potenzial an unerschlossenem Wohnraum heben und bezahlbaren Wohnraum in Städten schaffen. Während der Bauindustrieverband das Potenzial erkennt, warnt die Architektenkammer vor den Herausforderungen des Brandschutzes und der Statik. Ohne Genehmigungspflicht könnte es zu „Wildwuchs“ und Umgehung sinnvoller Schutzvorschriften kommen.
Die Umwandlung von Bürogebäuden in Wohnraum ist eine weitere Möglichkeit, den Wohnraummangel zu lindern. Diese Umnutzung ist jedoch komplex und erfordert genaue Prüfungen der Gebäudestruktur. Vorteilhaft ist, dass Bürogebäude meist strenge Brandschutzanforderungen erfüllen, die bei einer Umnutzung sogar übererfüllt wären.
Söder plant auch die Abschaffung der Stellplatzpflicht, die bisher durch die Garagen- und Stellplatzverordnung geregelt ist. Der Bauindustrieverband unterstützt diesen Schritt, während die Architektenkammer eine einheitliche Stellplatzpflicht bevorzugt, die nur in begründeten Fällen überschritten werden darf. Eine vollständige Abschaffung könnte zu Chaos mit parkenden Autos auf Gehwegen führen.
Im kommunalen Baubereich sollen die Obergrenzen für Direktaufträge auf 250.000 Euro und für die freihändige Vergabe auf eine Million Euro erhöht werden. Diese „kleine Revolution“ im Vergaberecht soll schnellere und unkompliziertere Auftragsvergaben ermöglichen. Die Architekten- und Ingenieurskammer stehen diesem Vorschlag positiv gegenüber, da die bisherigen Verfahren sehr aufwändig und mühselig sind.
Die geplanten Änderungen im Baurecht könnten Bayerns Bautätigkeit deutlich ankurbeln und zur Schaffung dringend benötigten Wohnraums beitragen. Wichtig ist jedoch, dass Sicherheits- und Qualitätsstandards weiterhin gewährleistet bleiben. Die Abschaffung überflüssiger Vorschriften darf nicht zu einer Vernachlässigung essentieller baulicher Anforderungen führen. Der Abbau von Bürokratie und die Einführung effizienter Prozesse sind ein Schritt in die richtige Richtung, um Bayern für zukünftige Bauprojekte attraktiv und wettbewerbsfähig zu machen.
Bild: pexels.com/sora-shimazaki
Redaktion
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