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Die Wiedereröffnung der Notre-Dame: Restaurierung mit Latex und Laser

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Am 15. April 2019 erschütterte ein verheerender Brand die Welt. Die Kathedrale Notre-Dame de Paris, eines der bekanntesten Bauwerke der westlichen Welt, brannte lichterloh, so schien es. Die Flammen zerstörten das Dach, den spitzen Turm und viele Teile der wertvollen Architektur. Doch der Brand hinterließ auch etwas anderes: ein unerschütterliches weltweites Bekenntnis zur Restaurierung des kulturellen Erbes. Eine weltweite Welle der Solidarität und Unterstützung ermöglichte ein beispielloses Restaurationsprojekt. Am 8. Dezember, bei der Wiedereröffnung 2024 erstrahlt die Notre-Dame nun in neuem Glanz – eine triumphale Rückkehr, die nicht nur Paris, sondern der ganzen Welt Hoffnung schenkt.


Unmittelbar nach dem Brand wurde ein Notfallplan umgesetzt, um die verbleibende Struktur der Kathedrale zu stabilisieren. Experten und Feuerwehrleute arbeiteten unter extrem gefährlichen Bedingungen, um wertvolle Kunstwerke, Reliquien und architektonische Elemente zu retten. Nach der Stabilisierung der Kathedrale begann ein umfangreiches Restaurierungsprojekt, das in mehreren Phasen durchgeführt wurde.


Ein wichtiger Schritt war die Entfernung des durch den Brand stark beschädigten Gerüsts, das ursprünglich für Renovierungsarbeiten errichtet worden war. Diese Arbeit erforderte höchste Präzision, damit die ohnehin fragilen Steinstrukturen nicht weiter gefährdet wurden. Parallel dazu wurden die Wände und Skulpturen der Kathedrale von Ruß und Rauch gereinigt. Mit innovativen Techniken gelang es, die historische Patina zu bewahren.


Mit Latexpaste gegen Staub und Dreck


Eine bemerkenswerte Methode war die Anwendung von Latexmembranen. Dabei wurde eine spezielle Latexpaste auf die verschmutzten Steinoberflächen aufgetragen. Nach dem Trocknen bildete sie eine flexible Schicht, die den Schmutz einschloss. Durch vorsichtiges Abziehen der Latexschicht konnte der angesammelte Staub und Dreck entfernt werden, ohne die darunterliegende historische Oberfläche zu beschädigen. Diese Technik ermöglichte es, die Steinoberflächen aufzuhellen und ihre ursprüngliche Leuchtkraft wiederherzustellen.


3D-Laserscanning-Technologie


Ein weiteres Verfahren war der Einsatz von 3D-Laserscanning-Technologie. Diese ermöglichte eine präzise Vermessung der beschädigten Strukturen und half dabei, den Zustand der Oberflächen genau zu dokumentieren. Die gewonnenen Daten dienten als Grundlage für die Planung und Durchführung der Restaurierungsarbeiten, um sicherzustellen, dass die historischen Details erhalten blieben.

 

Zusätzlich wurden spezielle Reinigungsmethoden angewendet, um den giftigen Bleistaub zu entfernen, der durch das Schmelzen der Bleidächer entstanden war. Hierbei kamen leistungsstarke Staubsauger zum Einsatz sowie die bereits erwähnten Latexschichten, die auf die Oberflächen gesprüht und später zusammen mit der Verschmutzung entfernt wurden.


Jahrhundertealte Eichen für den Dachstuhl


Der Dachreiter, ein Werk des 19. Jahrhunderts, entworfen von Eugène Viollet-le-Duc, wird nach historischen Plänen rekonstruiert. Für den Wiederaufbau des mittelalterlichen Dachstuhls, auch bekannt als „der Wald“, wurden hunderte jahrhundertealte Eichen aus nachhaltigen Forstwirtschaften in Frankreich verwendet, jedoch nicht ohne Protest von Umweltschützern, deren Einwände jedoch dem Interesse des Wiederaufbaus der Kathedrale untergeordnet wurden. Ein ganz besonderes Augenmerk galt den berühmten Glasfenstern von Notre-Dame, darunter die drei Rosettenfenster aus dem 13. Jahrhundert. Diese wurden gereinigt, repariert und teilweise neu zusammengesetzt, um die leuchtenden Farben und feinen Details wieder zum Leben zu erwecken. Ein Video gibt interessante Einblicke in die Arbeit.


Der Streit um die Fenster


Parallel zur Restauration der Rosettenfenster entbrannte eine Debatte über die Zukunft einiger in schwarz-weiß gehaltenen Fenster der Kathedrale. Präsident Emmanuel Macron schlug vor, die sechs der im 19. Jahrhundert von Eugène Viollet-le-Duc entworfenen Fenster durch zeitgenössische Kunstwerke zu ersetzen, um einen modernen Akzent in die historische Struktur zu integrieren.


Dieser Vorschlag stieß auf erheblichen Widerstand von Denkmalschützern und in der Öffentlichkeit. Kritiker argumentierten, dass ein solcher Eingriff die historische Integrität des Bauwerks beeinträchtigen würde. Die Nationale Kommission für Kulturerbe und Architektur lehnte das Vorhaben einstimmig ab und verwies auf die Bedeutung der bestehenden Fenster als Teil des kulturellen Erbes.


Trotz dieser Ablehnung hielt die Regierung an den Plänen fest. Es wurden renommierte Künstler eingeladen, Entwürfe für die neuen Fenster zu erstellen, wobei das Thema „Pfingsten“ im Vordergrund stehen sollte. Die endgültige Entscheidung über die Umsetzung steht noch aus.


Unbekannte Gräber entdeckt


Im Rahmen des Wiederaufbaus von Notre-Dame de Paris wurden bei archäologischen Untersuchungen bedeutende Funde gemacht. Archäologen entdeckten mehrere mittelalterliche Gräber, darunter einen nahezu vollständig erhaltenen Bleisarg aus dem 14. Jahrhundert. Dieser Sarg, vermutlich eines hohen Würdenträgers, enthielt gut erhaltene Überreste, darunter Pflanzenfragmente, Haare und Textilstücke.


Zusätzlich wurden Fragmente alter Bauteile der Kathedrale gefunden, die auf das 13. Jahrhundert datiert werden. Diese Funde, insbesondere im Bereich der Vierung der Kathedrale, liefern wertvolle Einblicke in die Baugeschichte der Kathedrale.


Wiedereröffnung am 8. Dezember


Am 15. April 2024, genau fünf Jahre nach dem verheerenden Brand, wurde der Schlussstein des Dachreiters eingesetzt. Dieses Ereignis markiert einen wichtigen Meilenstein in der Restaurierung.


Die Wiedereröffnung der Kathedrale für die Öffentlichkeit fand am 8. Dezember 2024 statt; ein symbolträchtiges Datum, das mit dem Fest Mariä Empfängnis zusammenfällt. Die Fertigstellung der Restaurierung wird nicht nur als Triumph der Technik und des kulturellen Erbes, sondern auch als Ausdruck des menschlichen Engagements und der internationalen Solidarität gefeiert. kw


Bild: pixabay

 

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